Eine Broschüre der LUBW aus dem Jahr 2012 beginnt mit der Überschrift „Fledermäuse brauchen unsere Hilfe“. Leider wird man diesem Anspruch nicht gerecht. Die Planungen des RVMO und der Gemeinden, veranlasst durch den Windenergieerlass der Landesregierung bedrohen den ohnehin stark dezimierten Bestand an Fledermäusen massiv. Dabei wird gegen europäisches und nationales Recht verstoßen.
Nach Schätzungen sterben pro Jahr ca. 250 000 Fledermäuse durch Windräder im Offenland und im Wald.
In Baden-Württemberg (BW) sind 23 Arten heimisch, die Nymphenfledermaus wurde erst im Jahre 2005 entdeckt (und ist in Malsch gefunden worden). Derzeit sind von 19 Arten Fortpflanzungsvorkommen bekannt.
Laut Institut für Botanik und Landschaftskunde, Thomas Breunig, Karlsruhe, sind im Untersuchungsgebiet Malsch, 13 Fledermausarten nachgewiesen. Eine genauere Untersuchung steht (leider) noch aus.
Allgemein festzuhalten ist, dass in den letzten 50 Jahren die Bestände teilweise dramatisch eingebrochen sind (LUBW). Das hat vielfältige Gründe, auf die an späterer Stelle noch näher eingegangen wird.
Wie verhalten sich Fledermäuse?
Um zu ihren Jagdgebieten zu kommen, benutzen sie bestimmte Flugrouten. Diese können bis zu 10 km von ihren Quartieren entfernt sein. Die verschiedenen Arten stellen unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum. Das reicht von der eher flexiblen Zwergfledermausbis zur hoch spezialisierten Waldart, der Mopsfledermaus. Der GroßeAbendsegler z.B. verläßt oft kurz vor Sonnenuntergang das Quartier und jagt über den Baumwipfeln (windradempfindlich). Zwergfledermäusehingegen fliegen nach Sonnenuntergang und jagen entlang von Hecken, Gewässerufern unter überhängenden Zweigen. Die spätfliegenden Langohrfledermäuse suchen zwischen Ästen und Zweigen. Die Mausohren jagen in Bodennähe nach Käfern.
Alleine diese kurze Darstellung macht schon deutlich, dass die Fledermäuse mit pauschalisierten Abschaltalgorithmen nicht ausreichend geschützt werden können, da das Flugverhalten sehr unterschiedlich ist. Nur eine konsequente Abschaltung schon weit vor Sonnenuntergang bis weit nach Sonnenaufgang in der Zeit von Ende März bis Ende Oktober bietet die nötige Grundlage für ein Überleben, falls nicht vorher schon durch den Bau von WKA, Fledermäuse gestört (Scheuchwirkung) und ihnen durch die Zerstörung ihres Nahrungshabitats jegliche Möglichkeit zu überleben genommen wurde.
Ergiebige Jagdgebiete mit einer großen Vielfalt an Insekten gibt es in naturnahen Landschaften mit Wiesen, Hecken, Wald und Gewässern.
Viele heimische Fledermausarten suchen im Sommer regelmäßig Baumhöhlen auf, die vorher z.B. der Specht gebaut hat, sie hängen sich in Fäulnishöhlen oder Spalträume hinter Rinde. Es ist deshalb auch notwendig den Forst darauf hinzuweisen, dass alte Spechtbäume gerade als mögliche Wohnstätte für Fledermäuse unbedingt zu erhalten sind. Nicht wie kürzlich in Malsch geschehen (Birkenschlag) zwei Spechtbäume gefällt wurden.
Die typischen Waldarten (z.B. Bechsteinfledermaus, Großer Abendsegler, Braunes Langohr) ziehen ihre Jungen fast ausschließlich in Baumhöhlen auf.
Weshalb sind Fledermäuse so gefährdet?
Es gibt dafür etliche Gründe, zu nennen wäre die Insektizidanwendung in der Land- und Forstwirtschaft, Entwertung und Zerstörung von Jagdgebieten, Entfernen von Feldgehölzen, Vernichtung von Hecken, Vermaisung der Landschaft, Zerstörung von Feuchtgebieten, aber eben auch durch den Bau von WKA. Das Nahrungsangebot wird durch diese Maßnahmen enorm verringert und entzieht den Fledermäusen die Lebensgrundlage.
Um den Fledermäusen wirksam zu helfen, müssen alle Lebensräume, die sie im Laufe des Jahres aufsuchen, geschützt und das Nahrungsangebot verbessert werden (Reduktion der Insektizidanwendung, Schaffung insektenreicher Lebensräume, wie Wiesen, Feuchtgebiete, Feldgehölze, Hecken).
Der Bau von WKA in ihre Lebensräume ist kontraproduktiv, auch wenn die Standorte noch so gut gewählt sind, werden Fledermäuse durch WKA umkommen, weil praktisch im ganzen Wald Fledermäuse fliegen.
Wie bereits erwähnt, Abschaltalgorithmen vermindern zwar den Verlust durch WKA, aber sie verhindern ihn nicht!!
Nur ein Wald (ohne WKA) mit gemischtem und altem Baumbestand garantiert auch langfristig das notwendige Angebot an verschiedenen Futterinsekten und damit das Überleben der für uns so nützlichen Art.
In BW sind alle einheimischen Fledermausarten gefährdet (LUBW)
Im VRG Malsch (508) vom RVMO gelistet:
Bechsteinfledermaus stark gefährdet
Großes Mausohr stark gefährdet
Zusätzlich durch Büro Breunig auf Malscher Gebiet beobachtet:
Großer Abendsegler gefährdete, wandernde Tierart
Kleiner Abendsegler stark gefährdet
Rauhautfledermaus gefährdete, wandernde Tierart
Breitflügelfledermaus stark gefährdet
Nymphenfledermaus noch nicht eingeordnet
Wasserfledermaus gefährdet
Bartfledermaus vom Aussterben bedroht
Braunes Langohr gefährdet
Graues Langohr vom Aussterben bedroht
Fransenfledermaus stark gefährdet
Zwergfledermaus gefährdet
Zweifarbfledermaus gefährdete, wandernde Tierart
Bei raumrelevanten Planungen (z.B. Straßenbaumaßnahmen, Windkraftanlagen, Maßnahmen der Land- und Fortwirtschaft) sind Fledermäuse aufgrund ihres strengen Schutzes im Hinblick auf die Zulässigkeit des Eingriffs besonders zu berücksichtigen.
Rechtliche Grundlagen
Nationaler Schutz
Alle Fledermausarten sind in Deutschland gesetzlich geschützt
Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 14 des BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV der FFH-Richtlinie gelten sie als streng geschützte Arten und unterliegen damit den strengsten Schutzbestimmungen des deutschen Naturschutzrechts (geregelt in § 44 BNatSchG)
Dies bedeutet insbesondere dass
- Fledermäuse nicht verfolgt, gefangen oder getötet werden dürfen
- Quartiere der Fledermäuse nicht beschädigt oder zerstört werden dürfen(auch nicht in ihrer Abwesenheit)
- Fledermäuse während der Fortpflanzung, Jungenaufzucht, Wanderung und Überwinterung nicht erheblich gestört oder beunruhigt werden dürfen (z.B. durch Filmen, Fotografieren usw.)
Anträge, die Schutzvorschriften zu lockern sind möglich, aber in der Regel müssen strikte Auflagen erfüllt werden.
Internationaler Schutz
Nach FFH-Richtlinien sind in Deutschland Schutzgebiete für gefährdete Arten zu schaffen.
Bei Fledermäusen gilt dies für:
Große Hufeisennase Teichfledermaus Wimperfledermaus
Mopsfledermaus Großes Mausohr Bechsteinfledermaus
Langflügelfledermaus Kleine Hufeisennase
Die EU-Staaten sind verpflichtet Schutzgebiete auszuweisen, wobei Deutschland noch einen großen Nachholbedarf hat. Fledermäuse nutzen große Gebiete, demnach sollten entsprechende Flächen ausgewiesen werden.
Für Pläne und Projekte, die zu erheblichen Beeinträchtigungen führen können, ist eine spezielle Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.
Der internationale Schutz der Fledermäuse und ihrer Lebensräume durch die FFH-Richtlinie ist mit den §§ 31 – 36 BNatSchG in nationales Recht überführt worden.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es weitere internationale Schutzgrundlagen gibt:
- Berner Konvention von 1979, im Anhang II sind fast alle einheimischen Fledermäuse genannt
- Bonner Konvention von 1979, alle europäischen Fledermausarten sind im Anhang II aufgelistet
- Eurobats, 1991 (Abkommen zur Erhaltung europäischer Fledermauspopulationen)
„Energiewende und Naturschutz Windenergie im Lebensraum Wald“ (Klaus Richarz, Deutsche Wildtierstiftung)
Wälder werden von nahezu allen Fledermäusen zumindest als Teil-Lebensräume genutzt.
Im Folgenden werden detaillierter die Gefahren, denen Fledermäuse, die bisher auf Malscher Gemarkung beobachtet wurden, beschrieben:
Der Große Abendsegler hat an WKA sehr hohe Verlustzahlen. Er jagt in großen Höhen über Baumkronen und überfliegt bei seinen Wanderungen auch Mittelgebirge. Es besteht ein hohes Tötungsrisiko durch WKA. Die kritische Phase ist der Spätsommer und Herbst, wenn wandernde und schwärmende Abendsegler auftreten. Im Wald selbst droht der Verlust von Lebensstätten.
Wir haben es im VRG 508 (Malsch) und VRG 507 (Ettlingen) wahrscheinlich neben ortsgebundenen Fledermäusen auch mit durchziehenden zu tun. Untersuchungen in dieser Richtung sind dringend erforderlich.
Die Zweifarbenfledermaus hat relativ hohe Verlustzahlen an WKA, weil auch sie sehr hohe Flughöhen erreicht und wenig Strukturbindung hat.
Das Große Mausohr weist eher geringe Kollisionsverluste auf, weil sie in Bodennähe jagt. Aber es droht sehr wohl der Verlust von Baumhöhlenquartieren und von ihrem Jagdlebensraum.
Die Bechsteinfledermaus fliegt in niedrigen Höhen, deshalb ist die direkte Kollisionsgefahr eher gering einzuschätzen. Dagegen sind Eingriffe in ihre Kernlebensräume – sommergrüne Laubwälder unbedingt zu vermeiden.
Die Zwergfledermaus erleidet durch WKA sehr hohe Verluste, weil auch sie, wie Abendsegler und Zweifarbenfledermaus in sehr großen Höhen jagt. Sie lebt zwar hauptsächlich in Siedlungsräumen, doch über Wege, Schneisen und Zufahrten gelangen sie zu WKA im Wald. Im Herbst haben sie häufig ihre Ruhestätten und Paarungsquartiere im Wald. Ebenso sind Massenwinterquartiere in Bäumen bekannt
Obwohl Fledermäuse bei Planungen von WKA naturschutzfachlich berücksichtigt werden müssen, ist die Umsetzung der Vorgaben in der Praxis häufig völlig ungenügend.
Durch den gegenwärtigen Planungsdruck ist die Qualität der rasch erstellten Gutachten in Teilen sehr ungenügend, indem gerade in Wäldern wesentliche Kernlebensräume gar nicht identifiziert werden. Und das trifft sicherlich auf die VRG 508 und VRG 507 zu.
Es ist zu befürchten, dass die Fledermauspopulationen in den nächsten Jahren weiter einbrechen, wenn die erforderlichen Schutzmaßnahmen unberücksichtigt bleiben.
Durch WKA im Wald ist zu den Verlusten im Offenland zu erwarten, dass durch Lebensraumverlust und direkte Tötung viele weitere Fledermäuse betroffen sind. Hinzu kommt, dass durch Zuwegungsschneisen und Rodungsflächen am WKA-Standort Lichtungen geschaffen werden, die auf jagende Fledermäuse eine Attraktionswirkung haben. Diese Tiere werden regelrecht zu den WKA hingeführt, an denen sie dann verunglücken können.
An dieser Stelle sei auf das sog. Barotrauma verwiesen, das Fledermäuse in der Nähe von WKA erleiden können. Die Untersuchung von Totfunden hat gezeigt, dass den Tieren förmlich die inneren Organe, wie Lunge und Leber etc., durch den von WKA erzeugten Druck platzen. Nicht alle Fledermäuse sterben direkt an den WKA, manche leichter verletzte fliegen weiter und verenden in einiger Entfernung.
Aus Sicht des Fledermausschutzes halten es viele Experten für geboten auf WKA in Wäldern gänzlich zu verzichten oder in waldreichen Gebieten nur unter strengsten Auflagen Genehmigungen zu erteilen.
Wie bereits erwähnt, werden pauschalisierte Abschaltalgorithmen dem Flugverhalten der einzelnen Fledermausart nicht gerecht und sind deshalb sehr, sehr kritisch zu betrachten.
Sollten sie dennoch in Erwägung gezogen werden, sind Untersuchungen zum Nachweis der Effizienz von fledermaus-schonenden Betriebsalgorithmen unerlässlich. Außerdem sind Erhebungen zum Bestand und zur Bestandentwicklung aller windkraftgefährdeten Fledermausarten durchzuführen.
Beobachtungen aus Südhessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz zeigen, dass zumindest regional Populationen der migrierenden und z.T. überwinternden Abendsegler und Rauhautfledermäuse (am stärksten von WKA betroffen) einbrechen.
WKA im Wald mit hoher Fledermausaktivität sind auszuschließen, solange unbedenkliche Offenlandstandorte zur Verfügung stehen. Zudem sind Waldstandorte mit hohem Altholz- und Totholzanteil aus den Planungen herauszunehmen.
Gerade dieser letzte Punkt wird in Planungen oft nicht ausreichend unberücksichtigt.
Wie bereits hinreichend dargelegt, ist das Festlegen von Abschaltalgorithmen völlig unzureichend (Klaus Richarz), da die verschiedenen Fledermausarten unterschiedliche Flugverhalten und Flugbewegungen zeigen. Der Verlust von Fledermäusen kann zwar reduziert werden, aber es sterben trotzdem noch etliche Tiere (Verstoß gegen EU-Recht und BNatSchG). Nur das konsequente Abschalten der WKA vom Einbruch der Dämmerung bis zum Morgengrauen bietet einen einigermaßen ausreichenden Schutz.
Scheuchwirkungen
Der Verlust von Rastgebieten, Quartieren und Nahrungshabitaten von Vögeln und Fledermäusen kann nicht ausgeglichen werden, da in Malsch kaum mehr Flächen zur Verfügung stehen. Außerdem kann eine tote Fledermaus oder ein Vogel, deren Nahrungsgebiet zerstört wurde, nicht mehr zum Leben erweckt werden. Was verloren ist, bleibt verloren.
Barrierewirkung
WKA stellen große Hindernisse für viele Arten dar, was sich, wie konstatiert wird, als Trennwirkung für den Artenaustausch wirkt.
Nur durch den Verzicht auf den Bau von WKA im Wald kann dem begegnet werden.
Fazit:
Aufgrund einer dünnen Datenlage werden Flächen für WKA ausgewiesen, die für viele Arten und insbesondere für Fledermäuse den sicheren Tod bedeutet.
Wie heißt es im Umweltbericht:
„Nach dem Windenergieerlass sind Zugkonzentrationskorridore von Fledermäusen, bei denen WKA zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos oder zu einer erheblichen Scheuchwirkung führen können, als Tabubereich anzusehen. Zu den Zugkonzentationskorridoren liegen derzeit keine Erkenntnisse und Fachdaten vor.“
Es ist nicht hinzunehmen, dass geplant wird, ohne umfassende Kenntnis, welcher Gefährdung die Fledermäuse ausgesetzt sind.
Um es abschließend mit Klaus Richarz zu formulieren:
„Dem gesetzlich vorgeschriebenen Artenschutz ist stärker als bisher Rechnung zu tragen.“ – Und nicht einem fragwürdigen politischen Ziel, das alles andere als in sich stimmig ist, zu opfern.