1. August 2017
Windpark Straubenhardt: Dobel verliert vor Gericht

Karlsruher Richter: Planungshoheit nicht verletzt und Auswirkungen auf den Tourismus nicht zu befürchten

Gemeinde will sich mit Anwalt kurzschließen

Dobel/Karlsruhe (hei/rob). Die Gemeinde Dobel hat vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe eine Niederlage in Sachen Windpark Straubenhardt erlitten. Sie hatte im Januar – wie berichtet – Widerspruch gegen die Windparkgenehmigung eingelegt und vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe die Gewährung von Eilrechtsschutz beantragt. Zur Begründung trug sie im gerichtlichen Verfahren vor, der Windpark mit elf Windenergieanlagen beeinträchtige sie insbesondere in ihrem Selbstverwaltungs- und Selbstgestaltungsrecht massiv, so dass sie ein erhebliches Interesse habe, die Errichtung und den Betrieb des Windparks zu verhindern. Über den Widerspruch hat das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe bislang nicht entschieden.

Die neunte Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe lehnte in ihrem Beschluss den Antrag der Gemeinde Dobel nun ab. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen falle zu Lasten der Gemeinde Dobel aus.

Eine Verletzung von Rechten, die dem Schutz der Gemeinde Dobel dienten, liege aller Voraussicht nach nicht vor. Die Antragstellerin, also die Gemeinde, könne sich nur auf eine Verletzung von Rechten berufen, die sich aus der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie ergäben, und die Ausfluss ihres zivilrechtlich geschützten Eigentums seien. Sie sei insbesondere nicht befugt, Belange ihrer Bürger, wie Lärmschutzinteressen, oder den Schutz vor visuellen Beeinträchtigungen geltend zu machen beziehungsweise die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den Belangen von Natur und Landschaft gerichtlich überprüfen zu lassen. Weder Verfahrensvorgaben bei Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch materielle Vorschriften zum Schutze der Gemeinde seien voraussichtlich verletzt worden.

Insbesondere sei die Kommune nicht in ihrer verfassungsrechtlich abgesicherten Planungshoheit verletzt. Dies sei nur der Fall, sofern eine eigene hinreichend bestimmte Planung der Gemeinde vorliege und die Störung nachhaltig sei, also unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihre Planung habe. Die Planungshoheit der Antragstellerin sei hier gewahrt, weil in den von ihr benannten beplanten Gebieten (u.a. das einer Kurklinik) die einschlägigen Immissionsrichtwerte nicht überschritten würden. Denn es seien bei genehmigungsmäßigem Betrieb der Windenergieanlagen keine schädlichen Lärmimmissionen auf diese Gebiete zu erwarten. Zudem würden in den Nebenbestimmungen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sowohl Höchstgrenzen für den Schallleistungspegel des Windparks festgesetzt als auch auf die Einhaltung der Lärmrichtwerte hingewiesen. Auch das Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde sei nicht verletzt. Die Windenergieanlagen befänden sich zwar teilweise direkt an der Gemarkungsgrenze zur Antragstellerin, vom Ortsrand seien sie jedoch mindestens 1 450 Meter entfernt. Die bloße Sichtbarkeit vom Ortsrand führe für sich genommen zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des Ortsbildes. Allein die Tatsache, dass die Windenergieanlagen angesichts ihrer Größe markant in Erscheinung träten, rechtfertige nicht den Schluss, sie wirkten verunstaltend. Bei der Landschaft um die Gemeinde Dobel handele es sich zum geplanten Standort des Windparks hin im Wesentlichen um eine typische bewaldete ruhige Mittelgebirgslandschaft.

Besonders hervortretende landschaftliche Merkmale fänden sich hier nicht. Keine der elf geplanten Anlagen sei in voller Größe vom bebauten Gemeindegebiet Dobels sichtbar. Die Anlagen stünden aufgelockert und teilweise versetzt hintereinander. Auch werde die Sichtbeziehung vom Aussichtsturm Dobel in die Rheinebene und zu den Vogesen und in Richtung Kraichgau und Odenwald nicht beeinträchtigt. Auch werde die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihrer Existenz als Tourismusstandort gefährdet; er nachhaltige Verschlechterung sei nicht zu erwarten. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig; Beschwerde beim VGH in Mannheim ist möglich. In Dobel führte die Nachricht über die Gerichtsentscheidung gestern freilich zu Unmut im Rathaus. Man werde aber nicht vorschnell handeln, verdeutlichte der Bürgermeister. Die Gemeinde hat letztlich eine 14-tätige Beschwerdefrist gegen das Urteil beim Verwaltungsgerichtshof. „Wir werden mit unserem Anwalt das weitere Vorgehen besprechen“, erklärte Bürgermeister Christoph Schaack gegenüber den BNN. Die umfangreiche Begründung müsse vor einer Reaktion eingehend geprüft werden.

bnn0000005077306-2

Badische Neueste Nachrichten | Ettlingen | ETTLINGEN | 01.08.2017

Mit freundlicher Genehmigung der BNN