Am 26. April 2017 war in Straubenhardt Gemeinderatssitzung. Albert Renschler hat an die Gemeinderäte und Zuhörer wieder ein lesenswertes Flugblatt zum Thema Windkraft verteilt:
Straubenhardt, 26. April 2017
Entscheidungen akzeptieren?
Bürgermeister Viehweg bat am 28. März 2017 zum Gesprächskreis „Wir müssen reden“.
Eine Chance, das Verhalten der Akteure im Rathaus zu hinterfragen beim größten Eingriff seit Jahrzehnten in die Natur unserer Heimat – der Umwandlung des Waldes in ein Windindustriegebiet.
Die Gesprächsleitung hat jedoch abgeblockt. Und es gab Versuche, die Windkraftkritiker
als undemokratisch darzustellen und sie mundtot zu machen. Ingolf Lehmann (Ehrenvorsitzender der CDU) und die Gemeinderätin Angela Gewiese (Solarinitiative) forderten sinngemäß:
„Die Windkraft wurde im Gemeinderat demokratisch entschieden. Nun sollen die Gegner die Entscheidungen akzeptieren und das Thema abhaken.“
Nanu. Bei einem Vortrag der Solarinitiative 2016 wurde Ökostrom-Werbung der Elektrizitätswerke Schönau verteilt. Schönau im Schwarzwald, das Dorf der Stromrebellen. Ich war einer der Tausenden, die in den 90er-Jahren nach Schönau gepilgert sind. Am Ende war die Netzkaufinitiative erfolgreich und damit der Weg für die Elektrizitätswerke Schönau frei, die KWR (Kraftwerke Rheinfelden) hatte verloren. Und alles begann damit, dass einige Einwohner einen Gemeinderatsbeschluss nicht akzeptierten. Durften die das denn, Frau Gewiese?
Selbst die Entscheidungen des obersten Parlaments, des Deutschen Bundestags, werden nicht immer von allen akzeptiert. Gerade aus dem Umfeld von CDU/CSU wurde deshalb wiederholt das Bundesverfassungsgericht angerufen. Schon vergessen, Herr Lehmann?
Zur Klarstellung: Die aktuell anhängigen Widersprüche und Klagen gegen den Wind„park“
Straubenhardt richten sich nicht gegen Beschlüsse eines (Gemeinde-)Parlaments, sondern
insb. gegen das Landratsamt Enzkreis als Genehmigungsbehörde.
Das ist gleichermaßen legal und legitim. Schließlich umfasst der Rechtsstaat auch Prinzipien wie die Gewaltenteilung und die Überprüfbarkeit staatlicher Akte durch unabhängige Gerichte.
Klingt ein wenig theoretisch. Praktisch ist wahrscheinlich jeder schon einmal gegen einen
Steuer- oder gegen einen Bußgeldbescheid vorgegangen. Wer seine Rechte wahrnimmt, handelt nicht undemokratisch. Bei bestimmten Projekten, seien es einzelne Startbahnen oder ganze Flughäfen, Bahnhöfe oder Wind„parks“, werden Behördenentscheidungen fast immer durch Gerichte überprüft. Nicht grundlos:
2016 haben die baden- württembergischen Landratsämter 198 Windkraftanlagen genehmigt.
In 209 Arbeitstagen von 4. Jan. bis 31. Okt. 2016 wurden 57 Anlagen genehmigt, eine alle vier Tage.
In 21 Arbeitstagen von 2. Nov. bis 30. Nov. 2016 wurden 20 Anlagen genehmigt, rund eine am Tag.
In 17 Arbeitstagen von 1. Dez. bis 23. Dez. 2016 wurden 88 Anlagen genehmigt, mehr als 5 pro Tag.
In 4 Arbeitstagen von 27. Dez. bis 30. Dez. 2016 wurden 33 Anlagen genehmigt, nun 8,25 pro Tag.
Von 0,27 Anlagen (= 57/209) auf 8,25 Anlagen pro Tag – eine gigantische Produktivitätssteigerung um mehr als Faktor 30!
Durch eingeschränkte Bürgerbeteiligung und zu Lasten der Qualität?
Vermutlich stieg mit nahendem Jahresende der Druck der Landesregierung und der Investoren so stark an, dass reihenweise Last-Minute-Genehmigungen rausgehauen wurden. Das sichert den Betreibern auf 20 Jahre die überhöhten Einspeisevergütungen. Auf Basis der neuen, ab 2017 geltenden Regelungen würde kaum eine der 198 Anlagen gebaut. Aber wenn Sie als Bürger auf die Genehmigung für einen Carport oder eine Dachgaube warten und die Baufirma Preissteigerungen ankündigt – glauben Sie, dass irgendeine Behörde ihretwegen zwischen Weihnachten und Neujahr arbeitet?
Falls Sie ihren Ärger kundtun möchten: Bei „Wir müssen reden“ werden solche Ungereimtheiten lieber unter den Teppich gekehrt.
Albert Renschler
Neuenbürger Str. 58
75334 Straubenhardt