Die öffentliche Sondersitzung des Gemeinderats, die am 11. Mai 2015 in der Freihofhalle in Sulzbach stattfand, war außerordentlich gut besucht. Viele Bürgerinnen und Bürger fanden die Frage, wie die Gemeinde Malsch zu den Windkraftplänen des Regionalverbands Stellung nimmt, interessant genug, um sich fast fünf Stunden anzuhören, was die Beteiligten zu sagen hatten.
Ein Highlight der Veranstaltung war der beeindruckende Vortrag von Bettina Hassler über den Vogelzug und die Flugkorridore auf dem Malscher Bergrücken, die Quintessenz des Abends ergab sich jeodch aus den Ausführungen von Dr. Gerd Hager, dem Direktor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein.
Bettina Hassler erläuterte anschaulich und untermauert von reichhaltigem Bildmaterial, dass der Malscher Bergrücken Heimat von zahlreichen geschützten Arten, wie dem Rotmilan, ist und dass zahlreiche Zugvögel – darunter viele windkraftempfindliche Arten – diese Route auf ihrem Weg in die Winterquartiere und zurück nutzen. Wer bis zu diesem Abend daran noch gezweifelt hatte, wurde eines Besseren belehrt. Gleichwohl sah Herr Breunig vom Umweltbüro Breunig keinen Anlass in seinem Gutachten davon abzuweichen, dass der Malscher Bergrücken für Windkraft geeignet ist. Über Abschaltlogarithmen seien die Gefahren für die 13 gefundenen Fledermausarten und die geschützten Vögel ausreichend reduzierbar. Wie Windkraftanlagen noch wirtschaftlich betrieben werden können, wenn sie aus Gründen des Artenschutzes die meiste Zeit still stehen müssen, erklärte er nicht.
Dr. Hager stellte unmissverständlich fest: die Planungen des Regionalverbands bezüglich der Vorrangflächen in Malsch sind für die Gemeinde verbindlich. Wenn die Gemeinde einen Flächennutzungsplan erstellt, muss Sie all die Flächen übernehmen, die in der Planung des Regionalverbands enthalten sind – und das sind bekanntlich nicht gerade wenige.
Dies bedeutet, die Gemeinde kann nicht mit dem von Bürgermeister Himmel propagierten und vom Gemeinderat vorgesehenen Abstand zur Wohnbebauung von 1200 Metern planen, sondern muss den Abstand des Regionalverbands von 700 Metern (500 Meter zum Rimmelsbacher Hof) übernehmen. Damit ist die bisherige Planung der Gemeinde im wesentlichen Makulatur und das Artenschutzgutachten ist unvollständig, da viele Flächen, die nun in die Planung einfließen müssen, nicht überprüft wurden.
Für wen kam dieses Ergebnis überraschend?
Für Bürgermeister Himmel? – Wohl kaum. Dieser hat zwei Rechtsanwälte beauftragt, die Frage der Windkraft auf Gemeindegebiet zu untersuchen. Er hat im Regionalverband einen Sitz im Planungsausschuss, also in dem Gremium, das laut Satzung des RVMO „über den Stand und den Fortgang der Arbeiten am Regionalplan und dessen Fortschreibung“ regelmäßig berät und die Sitzungen der Verbandsversammlung diesbezüglich vorbereitet. Davon, wie eng Herr Himmel und Herr Hager „verbandelt“ sind, konnte sich jeder überzeugen, der am 11. Mai die Sondersitzung besucht und das einvernehmliche Getuschel der beiden hinter vorgehaltener Hand beobachten konnte. Nein, Herr Himmel wusste wohl ganz genau, dass die von ihm vollmundig versprochenen Abstandsflächen nicht halten würden. Auf gut Deutsch: er hat die Gemeinde und den Gemeinderat an der Nase herumgeführt.
Überraschung für die Fraktionen im Gemeinderat? – Teilweise schon. Vor allem in der SPD herrschte augenscheinlich Unwissenheit darüber, wie sehr die Gemeinde durch den Regionalverband in Ihren Planungen eingeschränkt ist. In der abschließenden Fragerunde wollte Herr Jung nochmals von Herrn Hager wissen, inwieweit die Gemeinde von den Planungen des Regionalverbands abweichen könne. Die Antwort: Hinsichtlich der Abstände gar nicht. Das war den Vertretern der anderen Fraktionen schon im Vorfeld klar. Entsprechend konnten auch CDU, Freie Wähler und das Bündnis für Völkersbach ihre Stellungnahmen an den Regionalverband schon umreißen, während die SPD noch beraten muss.
Die Fraktion BFU/Grüne erklärte treuherzig, die Gemeinde könne trotz der Abstände von 700 Metern einen Investor sicher dazu bringen, die Anlagen dort zu errichten, wo die Gemeinde wolle – wer Verbandsdirektor Hager im Blick hatte, kann bestätigen, dass der bei diesen Ausführungen nur den Kopf schüttelte.
Am kommenden Montag, den 19. Mai 2015 um 18.30 Uhr findet die nächste öffentliche Gemeinderatssitzung statt. Dort wird unter anderem über die Stellungnahme der Gemeinde gegenüber dem Regionalverband abgestimmt werden.
Man darf gespannt sein, wie es weitergeht…