25. Januar 2014
Politik zieht Konsequenzen aus dem Fall Prokon

Anleger sollen besser geschützt werden / Erster Interessent für Windparks / Wichtige Fragen offen

Von Wolfgang Schmidt, André Stahl und Daniel Rademacher

Itzehoe/Berlin. Die Bundesregierung will als Konsequenz aus den Schwierigkeiten beim insolventen Windkraft-Finanzierer Prokon Kleinanleger künftig besser vor riskanten Finanzprodukten schützen. Nach einer Kabinettsklausur in Meseberg kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an, Verbraucherminister Heiko Maas (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) würden Vorschläge dazu machen.

Verbraucherminister Maas erklärte: „Wo es Verbrauchern schwerfällt, sich selbst zu schützen, müssen wir für mehr Transparenz sorgen.“ Insbesondere im „grauen Kapitalmarkt“ sei funktionierender Anlegerschutz von großer Bedeutung: „Wir sind uns mit dem Bundesfinanzministerium einig, dass die Bafin den kollektiven Schutz der Verbraucher als wichtiges Ziel ihrer Aufsichtstätigkeit erhält.“ Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ prüft die Große Koalition außerdem ein Verbot für den Verkauf riskanter Finanzprodukte an Kleinanleger.

Zwei Tage nach dem Insolvenzantrag von Prokon haben sich die Verantwortlichen zuversichtlich gezeigt, wichtige Fragen zur angestrebten Rettung sind aber weiter offen. Er sei verhalten optimistisch, „dass wir auf einem guten Weg sind“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin gestern in Itzehoe bei Hamburg nach einem Krisengespräch. So kurz nach dem Insolvenzantrag lasse sich die Situation aber noch nicht verlässlich einschätzen. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) versicherte den Beschäftigten: „Wir lassen Sie nicht allein!“

Penzlin und Meyer erörterten mit den Spitzen der Stadt und des Kreises Steinburg die Lage. Vertreter der Arbeitsagentur, der Wirtschaftsförderungsgesellschaften des Landes und der Gewerkschaften nahmen ebenfalls teil, um die Möglichkeiten auszuloten.

Minister Meyer sagte: „Jetzt geht es darum, dass der vorläufige Insolvenzverwalter eine Strategie entwickelt und wir ihn dabei begleiten.“ Land, Kreis und Stadt wollten Flagge zeigen, „dass wir uns kümmern und Hilfe anbieten“. Meyer sprach von einem „sehr konstruktiven, offenen Gespräch“. Er habe „ein gutes Gefühl“, sagte der Minister. In einem Monat ist das nächste Treffen geplant.

Nach der Ankündigung von Prokon-Chef Carsten Rodbertus, einige der mehr als 50 Windparks verkaufen zu wollen, hat sich ein erster Interessent gemeldet. „Die Übernahme von Bestandsparks gehört zu unserem Geschäft“, sagte ein Sprecher des Hamburger Solar- und Windkraftbetreibers Capital Stage AG gestern. Dazu müsse nicht unbedingt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgewartet werden. „Sobald der vorläufige Insolvenzverwalter bereit ist, sind wir es auch.“ Die börsennotierte Capital Stage AG betreibt 34 Solar- und fünf Windparks mit einer Leistung von rund 241 Megawatt in Deutschland, Italien und Frankreich.

Der Fall Prokon mit seinen rund 75 000 Anlegern ist ein besonderer. Denn es müssen noch fundamentale juristische Fragen geklärt werden. Drei Rechtsprofessoren seien mit Gutachten beauftragt, sagte Penzlin. Sie sollen die Frage prüfen, ob gekündigte Genussrechtsanteile von Anlegern offene Forderungen gegen das Unternehmen im Sinne des Insolvenzrechts seien. Nur dann sei Prokon überschuldet, und das Amtsgericht könne das Insolvenzverfahren eröffnen.

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DER VERKAUF VON WINDPARKS soll Geld in die leeren Kassen des insolventen Windkraft-Finanzierers Prokon bringen. Mit der Capital Stage AG hat sich nun ein erster Interessent gemeldet, der gerne noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuschlagen würde. Fotos: dpa

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UNTER DRUCK geriet Prokon-Chef Carsten Rodbertus in den vergangenen Tagen.

Badische Neueste Nachrichten | Ettlingen | WIRTSCHAFT | 25.01.2014

Mit freundlicher Genehmigung der BNN