5. März 2013
Windkraft in den Wäldern des Hunsrück – Info-Tour in den Soonwald war ein Aha-Erlebnis für viele Teilnehmer

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Die Bürgerinitiative ProNaturRaum veranstaltete am 2. März eine Informationsfahrt in den Soonwald, einer Hochburg der Windenergie im Hunsrück. Mit zwei Bussen starteten die knapp 100 Teilnehmer ihre Fahrt in Richtung Rheinland-Pfalz. Dort ist die Rechtslage schon lange so, wie sie jetzt auch in Baden-Württemberg Realität geworden ist: Die Flächen für Windkraft werden direkt von den Gemeinden geplant und vergeben. Wenn man heute den Soonwald besucht, eine alte Waldkulturlandschaft und ein landschaftliches Kleinod im Hunsrück sieht man das (gewollte) Ergebnis dieser Rechtslage: Windkraftanlagen wohin das Auge blickt. Schon von der Autobahn aus in Höhe von Rheinböllen sind gigantische Anlagen zu sehen, die die Bäume um ein Vielfaches überragen.

Herr Rehmann und Herr Schröder von der Bürgerinitiative Soonwald, die unterwegs den Bussen zustiegen, informierten die Teilnehmer fundiert über die Situation vor Ort. Die Initiative Soonwald e.V. wendet sich konkret gegen Windkraftanlagen im Naturpark Soonwald. Im Laufe des letzten Jahres wurden dort sechs Anlagen mit einer Gesamthöhe von über 200 Metern neu errichtet, zwei weitere Anlagen sind derzeit noch im Bau, etliche weitere sind in Planung. Die durchweg kleinen und armen Gemeinden der Region können ganz überwiegend den Verlockungen der Windenergieindustrie nicht widerstehen und opfern ihre Natur und ihren Gemeindefrieden in der Hoffnung, dies durch steigende Gewerbeeinnahmen rechtfertigen zu können. Die Tatsachen sehen leider anders aus, denn pro Anlagen erhält eine Gemeinde im Durchschnitt lediglich 800€ pro Jahr an Gewerbesteuer. Die Konflikte, die durch den Bau der Windkraftanlagen zwischen den Gemeinden untereinander sowie unter und mit den Bürgern entstehen und die zum Teil sogar bis in die Familien hineingetragen werden und diese entzweien, beeinträchtigen die Dörfer und damit die gesamte Region in beträchtlichem Maße.

Vor Ort unternahm die Gruppe, begleitet von einem Filmteam des SWR, eine Wanderung in das betroffene Waldgebiet, um sich ein Bild von den Eingriffen in die Natur zu machen. War man schon ernüchtert durch den Eindruck eines “zerspargelten” Landschaftsbildes, das sich bei der Anfahrt geboten hatte, so wurde dies noch übertroffen durch den Anblick der Schäden, die in diesem Wald verursacht wurden. Der ursprünglich idyllische Waldweg musste einer breiten geschotterten Schneise weichen. Der Bereich, der für die Windkraftanlagen gerodet wurde, ist riesig, ebenso wie die Anlagen selbst, die gigantische Ausmaße haben.

Leider herrschte nur sehr wenig Wind, nur eine Anlage war überhaupt in Betrieb, so dass man die Schall- und Infraschallbelastung, die von den Anlagen bei stärkerem Wind ausgeht, nicht durch eigene Wahrnehmung erfahren konnte. Die Mitglieder der Initiative Soonwald e.V. berichteten jedoch anschaulich von den Auswirkungen. Eine Dame, die vor einigen Jahren ein Forsthaus gekauft und renoviert hat, und dort ungefähr tausend Meter entfernt von der ersten Anlage lebt, schilderte, dass ihr Mann nachts mit Herzrasen aufwacht, wenn der Wind stärker weht, weil der niederfrequente Schall den Herzrhythmus beeinflusst. Sie selbst ist in der Lage die Windrichtung allein aufgrund der Beeinträchtigung, die sie durch den Infraschall spürt, zu bestimmen.

Nur wenige hundert Meter weiter stieß die Gruppe, nachdem ein PKW und zwei große Wartungs-LKWs des Anlagenbetreibers ihren Weg mitten im Wald gekreuzt hatten, in einem (noch) unberührten Waldgebiet auf eine Tafel, die die Wanderer ermahnte, Eingriffe in die Natur zu unterlassen und alles zu unterlassen, was die Waldtiere stören könnte. In diesem Zusammenhang erläuterte Herr Rehmann von der Initiative Soonwald, dass die Wildkatze, die zuvor in diesem Waldgebiet beheimatet war, inzwischen nachweislich nicht mehr dort lebt. Dieses extrem scheue Wildtier reagiert auf Störungen sehr empfindlich und ist in Folge der exzessiven Bautätigkeit mitten im Wald abgewandert. Die enorme Belastung des Waldes durch die Rodung zigtausender Bäume, den Bau der gewaltigen Betonfundamente, den Aufbau der riesigen Krane, den Ausbau der Waldwege und nicht zuletzt durch die beim Betrieb der Anlagen ständig notwendigen Anfahrten durch Techniker und Wartungs- und Überwachungspersonal, wurde vielen Teilnehmern zum ersten Mal richtig bewusst.

Der Beitrag des SWR-Teams wird am kommenden Donnerstag um 20.15 Uhr im Rahmen der Sendung „Zur Sache Rheinland-Pfalz“ in SWR Rheinland-Pfalz zu sehen sein.

Die Rückfahrt fand bei Dunkelheit statt, die „Windkraft-Disco“ war im vollen Gang. Der Horizont voller blinkender roten Lichter regte einen Teilnehmer zum treffenden Kommentar an: Naturschützer im Hunsrück sehen nachts rot!

Die Tour war kein Vergnügungsausflug, denn die gigantischen Ausmaße der Windindustrieparks hinterließen dramatische Eindrücke bei vielen Mitreisenden. Sie wollen alles daran setzen, diese Anlagen in unserem Nordschwarzwald zu verhindern und viele Mitbürger davon zu überzeugen, dass sie gegen die Planungen der Politik vorgehen müssen.